Wenn die Worte fehlen: Symbolpflanzen auf dem Friedhof

Für eine liebevolle Erinnerung an den Verstorbenen eignet sich eine Spätsommerbepflanzung mit z. B. Stiefmütterchen, Alpenveilchen und Eriken, die in den schönsten Herbsttönen leuchten. Foto: CMA
Blumen und Pflanzen als Grabschmuck, wie wir ihn heutzutage auf christlichen Friedhöfen kennen, ist ein wiederbelebter Brauch, der erst im Laufe des 19. Jahrhunderts mit Entstehen der Einzelgräber erneut populär wurde. Zum einen gelten Blumen auf dem Friedhof als Zeichen der Vergänglichkeit des Lebens, zum anderen können einzelne Blumen und Pflanzen aber auch symbolisch für ein Weiterleben nach dem Tod und das ewige Gedenken stehen. Die Sprache dieser Blumen ist Bestandteil unserer Trauerkultur: Sie spenden Trost und sorgen für liebevolle Erinnerung sie sind Symbole gegen das Vergessen.
Römische Blumenfeste
Während im christlichen Mittelalter und in der frühen Neuzeit die Gräber weitgehend schmucklos waren, stand Blumenschmuck während der Antike hoch im Kurs. Wohlhabende Römer hatten während der Kaiserzeit entlang der Gräberstraßen mit Mauern umfriedete Grabgärten, in denen eine Vielzahl von Bäumen und unterschiedlichen Blumen das Jenseits des Verstorbenen bereichern, aber zugleich auch die Grabbesucher erfreuen sollten. Auf griechischen Vasenmalereien und in der Katakombenmalerei sind mit Myrtenkränzen oder mit Blumengirlanden geschmückte Grabmale zu sehen. Am Rosenfest, Rosalia genannt, schmückten die Römer die Gräber ihrer Toten mit Tausendschön und vielen Rosen. Dieses im Datum bewegliche Fest fiel in die Zeit der Rosenblüte im Mai oder im Juni. Es ist überliefert, dass vor den Toren Roms eigene Rosenfelder angelegt waren, um den ungeheuren Bedarf an Blumen für dieses Fest zu decken.
Bürgerlicher Grabschmuck
Dieses Schmuckbedürfnis ging mit der Antike zu Ende und erwachte erst wieder im 19. Jahrhundert, als das Bürgertum begann, seine Grabstätten individuell und üppig mit Blumen und Pflanzen zu bepflanzen. Im Gewächshaus vorgezogene Pflanzen ermöglichten damals eine den Jahreszeiten entsprechende Grabbepflanzung. Nach 1850 wurden zur Einfassung der Gräber die bisher üblichen Grabgitter durch Hecken aus Buchsbaum oder Immergrüne wie Efeu und Immergrün ersetzt. Bilder aus der damaligen Zeit zeigen, dass solche Anpflanzungen auch in Herz-, Rechteck-, Rauten oder Kreisform vorkamen, häufig im Wechsel mit gekiesten Flächen.
Zeig mir den Weg!
Auch in unserer Gesellschaft mit ihrer scheinbar grenzenlosen Diesseitsorientierung und ihrem technischen Fortschrittsglauben sind symbolische Darstellungen gefragt, um Orientierung zu liefern. Symbole sprechen Gefühle an und machen gemeinsame kulturelle Werte spürbar und erlebbar. Die Pflanzensymbolik ist ein Teilaspekt unserer christlichen Trauerkultur sie ist ein sichtbares, Sinn gebendes, von allen Mitgliedern der Gesellschaft verstandenes Zeichen im Ritual der Trauerbewältigung und des Andenkens. Über Blumen am Grab wird Treue und Zuneigung der Hinterbliebenen zum Toten bezeugt. Auf vielen Gräbern werden auch heute häufig immergrüne Pflanzen verwendet. Neben dem praktischen Aspekt sie bilden einen ruhigen, grünen Hintergrund für die abwechslungsreiche Gestaltung der individuellen Gräber ist vor allem ihr hoher Symbolgehalt von Bedeutung: Sie stehen für das ewige Leben und die Auferstehungshoffnung der Christen.
Sprechende Formen
Auch die Formensprache der Bepflanzung oder die Wuchsform vermittelt dem aufmerksamen Betrachter eine tiefere Bedeutung: Eine Pflanzenanordnung im Kreis auch beim Grabkranz oder einem rund gebundenen Strauß wieder zu finden symbolisiert den Kreislauf des Ewigen Lebens, den Lauf der Jahreszeiten und die ewige Verbundenheit mit dem Verstorbenen. Die Zahl Drei und eine dreieckige Pflanzenanordnung stehen für die christliche, heilige Dreifaltigkeit. Diese Symbolik wird auch auf Pflanzen mit dreieckigen Blattformen, wie z. B. Efeu, übertragen. Bäume mit hängenden Ästen, wie z. B. die Trauerweide, symbolisieren Trauer, während Birken als ein Symbol für Leben, Beginn und Licht gelten. Wer Rosen auf dem Grab des Verstorbenen pflanzt, beschützt ihn vor dem Bösen und symbolisiert mit den Blüten Liebe, Zuneigung, Schönheit und Vergänglichkeit.
Hoffnung trotz Tränen
Blütenpflanzen sind im Christentum das Zeichen der Hoffnung und der Erlösung. Für eine harmonische Spätsommerbepflanzung auf dem Grab eignen sich z. B. Chrysanthemen, Herbstanemonen, Margeriten, Flammendes Kätchen, Stiefmütterchen, Alpenveilchen und Eriken, die in den schönsten Herbsttönen leuchten. Einige dieser Pflanzen haben zusätzlich zu ihrem Schmuckwert einen hohen Symbolgehalt in unserer Gesellschaft: Chrysanthemen stehen für die Liebe über den Tod hinaus, Anemonen versinnbildlichen den Tod und die Vergänglichkeit, Margeriten sind das Symbol für vergossene Tränen und Stiefmütterchen erinnern an das Leiden Christi. Individuelle Symbolik strahlen Grabbepflanzungen aus, bei denen die Lieblingspflanzen oder die Lieblingsfarbe des Verstorbenen verwendet werden. Auch ein Strukturbeet, in dem unterschiedliche Blütenfarben, Pflanzformen und Strukturen gemischt sind, hat Symbolcharakter: Es ist so facettenreich wie das Leben und so individuell wie der Verstorbene! (Quelle: CMA)
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