Der Wintergarten: praktisch für exotische Pflanzen, aber auch um einfach mal zu relaxen

Der Wunsch ist uralt, noch im Herbst und schon im Frühjahr draußen zu sitzen, die Vegetationsperiode zu verlängern und auch exotische Pflanzen in unseren Breiten zu ziehen. Von der kleinen Laube bis zur prachtvollen Orangerie erfüllten sich bereits in vergangenen Jahrhunderten Menschen diese Sehnsüchte. Moderne Baumaterialien haben die Realisierungschancen noch einmal wesentlich erhöht. Ein Wintergarten ist heute kein Traum, den sich bestenfalls Reiche leisten können, selbst der kleine Hausbauer kann sein Wohnzimmer ins Grüne hinein verlängern.

Grundsätzlich gilt, dass mit dem Wintergarten der so genannte Treibhauseffekt ausgenutzt wird, egal ob der transparente Zusatzraum beheizt wird oder nicht. Denn ein Wintergarten lebt von großzügigen Glasflächen, durch die das Sonnenlicht einfällt. Die kurzwelligen Strahlen treffen auf Böden oder Einrichtungsgegenstände und werden als langfristige Wärmestrahlung reflektiert, die nicht mehr durch die Außenhaut entweichen kann. Im Inneren wird es warm. Dieser Energiegewinn ist nicht unerheblich, kann aber zu Problemen führen, wenn bei dauernder Sonneneinstrahlung das Thermometer ohne Gegenmaßnahmen schnell zwischen 60 und 80 Grad Celsius anzeigt. Doch dafür gibt es Lösungen, mehr dazu später.
Die Wärmegewinnung schafft im Winter im zusätzlichen Wohnraum aber angenehmes Klima. Vor allem, wenn Pflanzen die ins Haus geholte Natur prägen. Durch die Sonnenstrahlen setzen sie Sauerstoff frei, der die Atemluft verbessert. Und nicht zu vergessen ist die Anfeuchtung der Luft, die sich auch auf angrenzende Räume auswirkt.

Die Gestaltungsmöglichkeiten für den transparenten Lichtraum sind nahezu unbegrenzt. Gläserner Riegel vor dem Haus, kleiner Anbau, eigenständiger Pavillon, integrierte Fassadengestaltung über zwei oder mehrere Geschosse, Lichtdach, Balkonaufsatz unzählige Varianten können den Wohnraum erweitern. Die Planung steht dabei stets am Anfang. Soll der Wintergarten in den bestehenden Baukörper einbezogen werden oder, ganz im Gegenteil, einen prägnanten Kontrast setzen? Platz sollte sein für ein steiles Dach, ganz oben nämlich staut sich die Wärme, darunter sollte noch Raum genug sein für angenehmes Klima.

Frühstück unter Palmen: Mediterrane Pflanzen erfüllen diesen Wintergarten mit südlichem Flair. Seramis-Tongranulat in Teracottagefäßen und Pflanzbeeten ermöglicht hier das Beipflanzen von saisonalen Blühpflanzen wie Primeln und Hortensien. So kann man sich wohl fühlen wie im Urlaub.
Darüber hinaus fängt die schräge Fläche die Wintersonne optimal ein, reflektiert die heiße Sommersonne aber am stärksten. Nicht zu unterschätzen sind die Selbstreinigungseffekte bei Regen durch die höhere Fließgeschwindigkeit. Und im Winter bleibt der Schnee nicht so leicht liegen, die Gewinnung von Sonnenenergie wird nicht unterbrochen. In die Überlegungen einbeziehen sollte der Planer die Himmelsrichtungen. Optimalen Energienutzen bringt selbstverständlich die Ausrichtung nach Süden. Das meiste Licht, die meiste Wärme lässt sich so einfangen und das über den längsten Zeitraum. Doch gerade im Sommer hat das aufwändige Belüftungs- und Beschattungsmaßnahmen zur Folge. Für den Winter indes gilt: der Südwintergarten bietet bei Sonne meistens Temperaturen, um quasi im Freien zu sitzen.

Himmelsrichtung und Größe
Im Norden wirkt der Wintergarten als Kälte- und Windpuffer. Das diffuse, aber gleichmäßige Licht, ohne Schlagschatten, macht diese Lage zum idealen Standort für Arbeitszimmer oder Ateliers. Für Pflanzen und Frühaufsteher ist die Ostseite ideal, hier fallen die ersten Sonnenstrahlen ein. Die längsten Abende und den Blick auf die untergehende Sonne bietet dagegen die Westseite. Beide Himmelsrichtungen verlangen auch Beschattungs- und Belüftungsmaßnahmen, so heiß wie im Süden wirds aber nicht.
Ob nun Modell- oder Architektur-Wintergarten, in beiden Fällen sind anspruchsvolle Lösungen möglich, die individuell auf die Wünsche des Bauherren eingehen und unterschiedlichste Finanzierungsmodelle bedienen. Als Faustregel gilt, dass, je kleiner der Bau ist, um so höher die Kosten pro Quadratmeter ausfallen. Unter zehn Quadratmetern wird es dann schon arg unwirtschaftlich.
Auswirkungen auf die Kosten hat die Materialauswahl. Neben der Tragkonstruktion spielt das verwendete Glas eine entscheidende Rolle. Holz, Stahl, Aluminium und Kunststoff sind die wichtigsten Baustoffe für die Rahmen, die das Skelett für den zusätzlichen Wohnraum schaffen. Holz ist natürlich und wartet mit der besten Wärmedämmung und dem besten Schallschutz auf. Statt Massivholz werden allerdings meist Holzleimbinder verwandt, die sich nicht so stark verziehen. Nachteil ist, dass, insbesondere bei größeren Anlagen, die Konstruktionsteile größer und damit wuchtiger ausgebildet werden müssen. Zudem ist Holz im Außenbereich pflegeintensiv. Deshalb werden häufig Kombinationen von Aluminium, das, außen angebracht, witterungsbeständig und pflegeleicht ist, und Holz für den Innenbereich benutzt. Das hat dann seinen Preis.

Stahl ist korrosionsanfällig und erzielt bei der Wärmedämmung nur schlechte Noten, er wird selten eingesetzt. Besser eignen sich Aluminiumprofile, die zu Wohnzwecken jedoch thermisch getrennt sein sollten. Schallschutz ist eine weitere Schwachstelle dieser Varianten. Gleich mehrere Hersteller bevorzugen daher Kunststoff-Konstruktionen, die gut isolieren, witterungsbeständig und pflegeleicht sind. Aus statischen Gründen sind verzinkte Stahlverstärkungen eingebaut. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind fast unbegrenzt. Zudem ist das Material preiswert und ermöglicht schlanke Tragwerke.
Die Qualität des verwendeten Glases lässt sich an seinem Isolierwert ablesen. Je höher der ist, um so behaglicher lässt es sich im Wintergarten leben. Die Palette reicht vom Einfachglas mit hoher Lichtdurchlässigkeit, das aber nur für Gewächshäuser geeignet ist, bis zu Wärmeschutzglas mit hohen Wärmedämmwerten für den beheizten Wohnwintergarten.
Zentrale Bedeutung für die Behaglichkeit kommt der Belüftung und der Beschattung zu, kann es im Sommer doch ohne Gegenmaßnahmen bis zu 80 Grad Celsius heiß werden. Darum sollten Entlüftungsfenster am höchsten, Belüftungsöffnungen am tiefsten Punkt sitzen. Fünf bis zehn Mal pro Stunde lässt sich die Luft durch diese Thermik austauschen. Je nach Einstrahlung sind jedoch bis zu 50 Mal nötig.

Steuerungsanlagen und motorische Be- und Entlüftungen können oder müssen hier Abhilfe schaffen. Patentieren lassen hat sich Schennjesse sein Lüfterschneckesystem, das an heißen Tagen mit 200 Watt pro Stunde auskommt. Wesentlichen Einfluss auf den Belüftungseinsatz hat die Beschattung, sei es durch außenstehende Bäume, Pflanzen im Inneren oder Sonnensegel, Markisen und Jalousien, wobei die Außenbeschattung die effektivere Variante ist, fängt sie die Energie doch schon vor dem Raum ab. Fast alle Wintergartenhersteller bieten abgestimmte Lösungen an. Für den Winter ist, zumindest für ganzjährig bewohnte Licht- und Gartenräume, eine Heizung unerlässlich. Die Pflanzen werden es neben den Nutzern danken. Optimal ist eine Fußbodenheizung, die die Füße warm hält, aber den Oberkörper nicht zu sehr erhitzt. Denn dann macht das Sitzen im Freien erst richtig Spaß und wird zum Genuss auch im Winter.